Testfahrt: Honda Civic Type R

Die heiße Irrenanstalt

Die Autowelt hat oft ihre eigenen Bezeichnungen für bestimmte Fahrzeugtypen. Geländewagen, Kombis, Schlampenschlepper, Sport-Limousinen und „Hot Hatch“ – das heiße Stufenheck. Nach einer Testwoche mit dem neuen Honda Civic Type R möchte ich gerne eine neue Kategorie vorschlagen: Irrenanstalt-Stufenheck.

Die meisten Otto Normalverbraucher werden mir zustimmen; vergleichsweise ist der Type R bekloppt. Ein normales, heißes Stufenheck-Modell braucht breite Schlappen, dicke Auspuffrohre, ein paar Schalensitze und genügend Leistung um dem Fahrer ein Lächeln ins Gesicht zu pinseln. Es muß unterhaltsam sein.

Der Civic Type R ist keines dieser Dinge. Vielleicht hatte Honda dort begonnen aber Sie drehten den Regler bis 11… und noch weiter. Die bereits gewagte Form des Civic bekam verrückte Verzierung, riesen Flügel und Kanten, lächerliche Ritzen und Verbreiterungen, unglaublich große Felgen und hauchdunne Pneus.

Wie schon gesagt, Honda hörte nicht auf. Die Auspuffanlage hat vier (ja, 4) enorme Endrohre und einen Diffuser-artigen Nachbarn. Drinnen ging’s dann weiter mit etlichen Type R Abzeichen, geteilten und sportlichen Instrumenten mit zentralem Drehzahlmesser, sowie rotem Leder und einer 12-Uhr Markierung am Lenkrad.

Die markanteste Veränderungen sind aber ein paar vordere Schalensitze. Wie im vorigen Modell sind diese extrem tief geschnitten mit solch hohen und harten Seitenpolstern daß grosse Menschen sich kaum bewegen können. Leute mit breiten, ähh, Sitzflächen, werden sich über beachtiliche Ungemütlichkeit beschweren.

Vom Vorgänger geplaudert, das alte FN2 Gerät war noch ein hoch-drehender Sauger und dieser Neue ist Honda’s erster Type R mit Turbolader. Man erkennt daran, daß ich seine interne Kode kenne, wie sehr mir das komisch-geformte und knallharte Coupé gefallen hat. Vor allem liebte ich sein heulendes, 8,000 U/Min Herz.

Ich gebe zu, daß mir diese Gefühle beim Test des Neuen Probleme gaben, aber mir wurden ein paar Dinge klar. Erstens sind Hintertüren sehr praktisch und ein Bild-schirm Medien-system ebenso. Ich bemerkte auch rote Sitzgurte, einen 475L Kofferraum (bis zu 1,191L mit gefalteter Rückbank) aber kein Reserverad.

Die starre Federung des alten Type R’s lebt hier weiter; obwohl sie jetzt adaptive Dämpfer besitzt. Eine Neuheit ist der „R+“ Knopf welcher, unglaublicherweise, die Straßenlage komplett zementiert. Er beunruhigt auch den 2-Liter Turbo-Vierzylinder, aber mehr davon später. Der temperaturempfindliche Metall-ganghebel ist auch noch da.

Erste Bewegungen in dem Irren-Auto war nicht so bescheuert wie erwartet. Auspuff und Motor dröhnen kaum, die Kupplung ist einigermaßen leichtgängig, Steuer-rückmeldung und Gas-annahme sind präzise und die sechs Gänge sind eng gestuft in Schaltwegen und Übersetzung. Außer der Sechste, der gut zum Sprit-sparen dient.

Eine Spazierfahrt in Ihrem Ort wird zum brutalen Erlebnis, denn plötzlich findet man die kleinsten Straßen-schäden und plant seine Route um Schlaglöcher, steile Einfahrten, Gullideckel und kleinere Steinchen zu vermeiden. Es besteht auch die Möglichkeit, daß Sie andere, leistungsstarke Fahrzeuge an sich ziehen werden.

Nicht das der Type R sehr laut ist, mir gefielen die orgasmischen Geräusche der Vorgängers und seiner Einzel-Drosselklappen besser. Trotzdem erfreute ich mich an dem neuen Repetoire von pfeiffendem Turbo, lautem Druck-ventil Zischen und kernigem Motorenklang – das als leichte Vibration durch den ganzen Wagen saust.

Doch die größte Nachricht hier ist Drehmoment – eine alte Honda Schwäche – und zwar ganze 400Nm davon. Obwohl der halbe Spaß am alten Type R seine Drehfreude war, lässt sich der Neue so viel einfacher und entspannter fahren. Vor allem langsam, bergauf, rückwärts, beim Überholen, Parken und anderen, alltäglichen Bewegungen.

Gut, genug Gefaselt. Man drücke den R+ Knopf und das Armaturenbrett scheint plötzlich böse rot, interessante Displays erscheinen und ein durchgetretenes Gaspedal reagiert noch bissiger. Der Motor wird etwas lauter und jagt bis zu 7,000 U/Min mit sehr beeindruckender, beinahe Sauger-artigen Eile.

Vollgas im Ersten und Zweiten können unruhig sein aber sonst bringt der durchgeknallte Civic seine Kraft gut auf den Asphalt. Für 228kW (oder 310PS) ist die Bodenhaftung seiner vorderen Antriebsräder vorzüglich und ich bemerkte auch, daß das ESP System sehr milde und liebevoll eingreift.

Man kann es deaktivieren und die Vorderreifen zerreißen, aber ich fand die elektronischen Eingriffe so freundlich, daß ich Sie in Ruhe ließ. Dem System sei auch Dank, daß mein bester 0-100km/h Versuch nur 5.59 Sekunden betrug. Genauso erfreulich ist es natürlich, ein Reihe schneller Kurven und Landstraßen zu befahren.

Der alte Type R fühlte sich wie ein Motorrad an, dem man den Hals umdrehen mußte. Dieser Neue, eher nicht. Und je mehr ich ihn fuhr, je mehr bemerkte ich die Alltagstauglichkeit seiner breiteren Leistung. Das gilt vor allem für Käufer in hochliegenden Gebieten wie Windhoek, Johannesburg oder den Alpen.

Dort hatten die alten Turbo-rivalen noch die Oberhand; damit ist jetzt aber Schluß. Honda hat, wie üblich, die Nachteile des Vorgängers verbessert und dazu ein Turbo Monster gebaut. Das gilt auch für den Preis von N$616,000 aber das ist zu erwarten für ein Mega-Fließheck. Riesen Kohle für riesen Leistung und riesen Spaß.


Happy Snaps


Leistung

0-10km/h: 0,49 seconds
0-20km/h: 1,00 seconds
0-30km/h: 1,50 seconds
0-40km/h: 2,01 seconds
0-50km/h: 2,49 seconds
0-60km/h: 3,24 seconds
0-70km/h: 3,83 seconds
0-80km/h: 4,39 seconds
0-90km/h: 4,96 seconds
0-100km/h: 5,59 seconds
0-110km/h: 6,73 seconds
0-120km/h: 7,52 seconds
0-130km/h: 8,36 seconds
0-140km/h: 9,30 seconds
0-150km/h: 10,78 seconds
0-160km/h: 11,96 seconds

0-100m: 6,27 seconds @ 105,46km/h
0-200m: 9,18 seconds @ 138,61km/h
0-300m: 11,60 seconds @ 159,29km/h
0-400m: 13,74 seconds @ 176,01km/h

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0-10mph: 0,82 seconds
0-20mph: 1,68 seconds
0-30mph: 2,44 seconds
0-40mph: 3,45 seconds
0-50mph: 4,41 seconds
0-60mph: 5,37 seconds
0-70mph: 6,81 seconds
0-80mph: 8,11 seconds
0-90mph: 9,95 seconds
0-100mph: 11,79 seconds

1/4 mile: 13,79 seconds @ 109,50 mph

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Maximum acceleration G-force: 0,69G

Altitude: 60m

All data captured by Racelogic® Performance Box

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